
Das Fundamentaldiagramm:
Grundlage der Staubewertung
Wann immer es um die Beurteilung von Stausituationen geht, fällt der Begriff Fundamentaldiagramm. Doch was genau ist ein Fundamentaldiagramm? Warum wird immer darauf Bezug genommen und welche Bedeutung hat es in Bezug auf Simulationen? Diese und weitere Fragen beantwortet dieser Beitrag.
Die Ursprünge des Fundamentaldiagramms
Q = D * V
Q entspricht dem Verkehrsfluss, D steht für die Verkehrsdichte und V beschreibt die Geschwindigkeit. Es beschreibt also den Zustand eines Verkehrssystems. Dieser Zustand kann von frei fließendem Verkehr über gebundenen Verkehr bis hin zu Stau reichen.
Diese Zustandsgleichung wurde anhand von empirischen Daten abgeleitet und somit unterliegt jedes Verkehrssystem diesem Zusammenhang. Es dient heutzutage als wichtige Grundlage für die Gestaltung von Verkehrsanlagen oder Verkehrsmanagementsystemen.
Welche Aussagekraft hat das Fundamentaldiagramm
Mithilfe des Diagramms kann also der Verkehrszustand abhängig der Anzahl der Verkehrsteilnehmer und der vorhandenen Kapazität beschrieben werden. Wird beispielsweise ein neuer Autobahnzubringer geplant, hilft dieser Zusammenhang: mit diesen Informationen kann beispielsweise der Abfluss zwischen jeder Ampelphase zum Zubringer geprüft werden, damit es nicht zu einem Stau kommt.
Wie funktioniert das Fundamentaldiagramm für Personenstromsimulation
Bei der Betrachtung von Fußgängerverkehr gibt es ebenfalls drei Phasen; der freie Fluss, der gebundene Fluss sowie der Stau. Gerade in Räumungssituationen möchte man eine Stausituation vermeiden; daher geben die Verordnungen wie die MBO in den jeweiligen Umsetzungen bzw. MVstättVO zulässige Personenzahlen für Ausgangsbreiten an.
Ein schematisches Beispiel für ein Fundamentaldiagramm ist in folgender Abbildung dargestellt:

Für die Herleitung des Fundamentaldiagramms für Fußgänger wurden sehr unterschiedliche Experimente und empirische Daten verwendet. Dadurch sind sehr unterschiedliche Fundamentaldiagramme entstanden: Je nach Bevölkerungsart (jung, alt, gemischt), Kultur (bspw. europäisch, asiatisch etc.), Anlass (Veranstaltung, Freizeitverkehr, Berufsverkehr), Art des Verkehrsanlage (unidirektional, bidirektional) resultieren sehr unterschiedliche Diagramme wie sie in nachstehender Abbildung von [Meunders] visualisiert wurden:


Welche Bedeutung haben Fundamentaldiagramme für Simulationen?
Ganz anders verhält es sich in mikroskopischen Modellen: Dort dient das Fundamentaldiagramm nicht als Eingangsgröße sondern als Ausgangsgröße. Die mikroskopischen Modelle werden mithilfe dieser Diagramme zunächst kalibriert, um die Werte für die Modellierung der individuellen Personen zu ermitteln. Ist ein Modell auf ein Diagramm kalibriert, dient das Fundamentaldiagramm im Allgemeinen zur Validierung des jeweiligen Modells. Im deutschsprachigen Raum hat sich hierbei das Fundamentaldiagramm nach Weidmann durchgesetzt und wird zur Validierung herangezogen.
Auf diese Validierung zielt auch der RiMEA Test 4 [RiMEA] ab. Das mikroskopische Modell wird in einem langen, geraden Gang simuliert und daraus wird ein Fundamentaldiagramm abgeleitet. Die Simulationsergebnisse sollen abhängig von den Eingangsgrößen das Fundamentaldiagramm abbilden.
Wie werden die mikroskopischen Modelle kalibriert, um korrekte Ergebnisse zu erhalten?
Anders ist dies auch nicht möglich: Da das Fundamentaldiagramm aggregierte Werte wie Personenfluss und Dichte betrachtet, können diese Werte nicht als Eingabe für mikroskopische Modelle dienen. Diese Werte können vielmehr als Ergebnis aus der Simulation aggregiert dargestellt werden. Und das macht auch Sinn: Personenstromsimulationen kommen insbesondere bei komplexen Projekten zur Anwendung, bei denen genau eine solche Antwort vonnöten ist, um die Sicherheitslage einzuschätzen.

Literatur:
Holl, Stefan: Methoden für die Bemessung der Leistungsfähigkeit multidirektional genutzter Fußverkehrsanlagen, Dissertation 2016
Meunders, Andreas: "Kalibrierung eines mikroskopischen Modells für Personenströme zur Anwendung im Projekt Hermes", Master Thesis 2011.
RiMEA Richtlinie für Mikroskopische Entfluchtungsanalysen, Version 3.0, 10. März 2016,
http://www.rimea.de/fileadmin/files/dok/richtlinien/RiMEA_Richtlinie_3.0.0_-_D-E.pdf
Weidmann, U. (1993): Transporttechnik der Fussgänger: Transporttechnische Eigenschaften des Fussgängerverkehrs (Literaturauswertung)