Fachgutachten Fluchtwege

Die Arbeitsstättenregel ASR A2.3 gibt Vorgaben zur Abmessung von Fluchtwegen und wird derzeit vom Ausschuss für Arbeitsstätten (ASTA) aktualisiert. Im Rahmen dieser Überarbeitung wurde von der accu:rate GmbH und der IST GmbH ein Gutachten erstellt: Mithilfe von zwei unabhängigen mikroskopischen Simulationsmodellen wurde untersucht, inwieweit Einengungen und Treppen auf Fluchtwegen sowie eine zeitlich versetzte Nutzung der Fluchtwege die Entfluchtungszeit beeinflusst.

Steckbrief
Kunde: Ausschuss für Arbeitsstätten (ASTA)
Aufgabe: Betrachtung von Enfluchtungszeiten im Zusammenhang mit Einengungen und Treppen auf Fluchtwegen, sowie eine zeitlich versetzte Nutzung der Fluchtwege
Ergebnis: Enfluchtungszeiten mehrerer Fluchtwegsbreiten untersucht

Hintergrund

Zur Gewährleistung von Sicherheit und Schutz der Gesundheit der Beschäftigten beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten muss der Arbeitgeber Vorkehrungen treffen, damit sich die Beschäftigten bei Gefahr unverzüglich in Sicherheit bringen und schnell gerettet werden können. Ein wesentlicher Faktor ist dabei die Gestaltung der Fluchtwege und Notausgänge. Deren Anzahl, Anordnung und Abmessung wird in Deutschland über die Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A2.3 geregelt, welche vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales bekannt gemacht wird. Dabei stammen die dort enthaltenen Anforderungen z. T. noch aus früheren Richtlinien. Der Ausschuss für Arbeitsstätten (ASTA) führt deswegen eine Prüfung und Fortschreibung der ASR A2.3 durch.

Ziel der Simulation

In diesem Rahmen wurde die accu:rate GmbH gemeinsam mit der IST GmbH beauftragt, das Fachgutachten zu Fluchtwegen in Arbeitsstätten – Einfluss von Wegbreite, Treppen, Türen und Einengungen auf die Entfluchtung zu erstellen. Ziel dieses Gutachtens war es, eine Aussage über die Einflussfaktoren auf Fluchtwege zu treffen, die die Räumungszeit beeinflussen. Mithilfe von zwei unabhängigen mikroskopischen Simulationsmodellen wurde untersucht, inwieweit Einengungen und Treppen auf Fluchtwegen sowie eine zeitlich versetzte Nutzung der Fluchtwege die Entfluchtungszeit beeinflussen. Zum Vergleich wurden makroskopische Modellrechnungen durchgeführt, sowie bisherige Studien und Daten zusammengetragen.

Unsere Vorgehensweise

Eine ausführliche Beschreibung des Verfahrens finden Sie hier: ASR A2.3: Fluchtwege neu gedacht

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen, dass eine kurze Einengung auf horizontalen Wegen kaum Auswirkungen auf die Räumungszeit haben. Handelt es sich jedoch um längere Einengungen, wie sie bspw. von Büromobiliar verursacht werden können, schlägt sich dies deutlich auf die Räumungszeit nieder. Einen maßgeblichen Einfluss auf Entfluchtungszeiten haben auch vertikale Fluchtwegelemente (Treppen), da sie flussverringernd wirken. Daher sind Einengungen wie bspw. Türen vor Treppen vernachlässigbar, sofern sie sich innerhalb des zulässigen Bereichs befinden. Weiter konnte festgestellt werden, dass eine zeitlich versetzte Alarmierung die Entfluchtung der betroffenen Ebenen positiv beeinflusst. Um die erforderliche Fluchtwegbreite zu definieren und in Abhängigkeit der Anzahl der Personen pro Ebene zu setzen, sind weitere Untersuchungen erforderlich. Schließlich wurde die weitestgehend lineare Korrelation zwischen der Anzahl der Personen und der Fluchtwegbreite auch in diesem Gutachten bestätigt. Diese wird jedoch bisher nicht in der ASR A2.3 Punkt 5 Abs. 3 abgebildet. Hier kommt es zu einem Sprung von 1,00 m Fluchtwegbreite für bis zu 20 Personen auf 1,20 m Fluchtwegbreite für bis zu 200 Personen.
Schulgebäude fungiert als Referenzprojekt Als zusätzliches Szenario wurde ein Schulgebäude betrachtet, um zu untersuchen, welchen Einfluss die Breite von Unterrichtsraumtüren auf die Entfluchtungszeit hat. Dazu wurde ein Schulgebäude herangezogen, das den Vorschriften der Muster-Schulbau-Richtlinie (MSchulbauR) entspricht. Die Simulationen zeigen deutlich, dass die Breite der Unterrichtsraumtüren in den Varianten 0,90 m und 1,20 m keinen signifikanten Einfluss auf die Entfluchtungszeit der Schule hat, vielmehr stellt die Breite der Treppen den dominierenden Kapazitätsengpass dar.
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